Dienstag, 9. November 2010

Das neue KVK-Portal > Körperverletzung im Web






Zu einem Bericht im Netzdienst des "Börsenblatts"

Die Neugestaltung dieses bewährten Katalogs, eines der ersten Hilfmittel jedes Antiquars, der es mit älteren Titel zu tun hat, ist ganz schändlich und schrecklich mißraten. Aus Gründen, die wir nur im Bereich pseudomodernen Webseitenschnickschnacks vermuten können, sind die Farben der Schlüsseltexte b l ä ß l i c h abgetönt worden, das Lesen wird bei längerem Verweilen zur Qual. Ich habe diese widerliche Unsitte, gegen die auch veränderte Browsereinstellungen kaum Abhilfe ermöglichen, schon in diversen Portalen unseres Gewerbes und in einigen "modisch" erstellten Kollegenwebseiten tadeln müssen.

Darf ich offen sprechen? Hinter einer Webseitengestaltung, die eines der wertvollsten Instrumente, nämlich unsere Augen, beleidigt und schädigt, kann nur ein verdeckter Sadismus stecken - oder aber im besten Fall eine himmelschreiende Dummheit. Ich lade jeden Nutzer ein, mehrere komplizierte Titel, die auch wirklich genaues Hinsehen erfordern, in Folge mit dem neuen KiT/KVK aufzurufen. Die blaßblaue Abtönung der Schrift ist wieder alle Vernunft, sie ist ebenso gedankenlos wie grausam.

Auch sonst verrät die neue Gestaltung wenig Einfühlungsvermögen.

Drei bis vier der Datenbanken, die unter "Buchhandel" rubriziert werden, sind in Wahrheit Portale für alte, sprich antiquarische Bücher. Es scheint den Gestaltern nicht bekannt zu sein, daß "Antiquariat" eben nicht unter "Buchhandel" zu rubrizieren ist. Buchhandel ist N e u -Buchhandel, und der Alt-Buchhandel läuft nicht unter "Buchhandel", sondern unter Antiquariat. So ist das nun einmal.

Jahr, ISBN, ISSN und Verlag sind so nah an die vorangehenden Felder gerückt, daß keineswegs auf den ersten Blick klar wird, ob sie dem vorangehenden oder dem nachfolgenden Eingabefeld zuzuordnen seien. - Meta-Katalog und Freitext, zwei vielen (auch gebüldeten) Laien nicht bekannte Fachworte, werden munter unerklärt hingeknallt, dagegen ist Raum für einen zu prominent gesetzten Eigenwerbetext über den Suchfeldern. - "Elektron. Texte" darf man nie und nimmermehr so abkürzen. Google Books unter "Elektron. Texte" zu setzen, ist nicht nur teilweise falsch, sondern schon blödsinnig. Google Books ist etwas viel Umfassenderes. Hier muß man anders formulieren. - Zwei "Weltweit"-Überschriften über zwei Spalten zeigen nur, daß der Gestalter elementare Rubrizierungen bei der Webseitenplanung verhunzt hat und nun nachhelfen muß. - Mit blaßgrünem und eine Spur zu klein geratenem Text für die Datenbanknamen kündigt der Gestalter auf der Eingangsseite schon an, welche Grausamkeiten er in der Hauptseite für uns bereithalten wird. Auf zur Hauptseite!

Zum Bild: Bitte beachten Sie, daß dies eine auch im Farbton unveränderte Originalseite von KVK /KIT ist - in der Tagespraxis diejenige Seite, in der besonders genau hingesehen werden muß, um abweichende Auflagen usw. auswählen zu können.

Die blauen Querriegel mit den Namen der Verbundkataloge sind viel zu prominent geraten. Es geht dem Nutzer zunächst einmal darum, die meist mehrdeutig angebotenen Titeldaten so zu bestimmen, daß er auch wirklich seine Auflage, seinen Titel ausgewählt hat. Erst dann kommt die Frage, welchen Verbund er anklicken mag. Dazu braucht er eine deutliche, aber bescheidene Querleiste, mehr nicht. Denn es geht ihm um den Titel. Und die Titel sind, wir wissen es schon, in quälenden, widerlichem Blaßblau gehalten, mit List und Tücke a b g e t ö n t in dem Sinne, daß G r a u w e i ß hinzugefügt wurde, bis der "modische" blasse Schrifteffekt entsteht.

Was beim alten KvK schon problematisch war, wird nun sehr störend: Die Titel laufen zu b r e i t. Sie sind in dieser Länge schrecklich leseunfreundlich. - Man hat sich nicht entblödet, die Sekundenzeit des Aufrufens weiterhin anzugeben. Das ist albern, unnötig wie ein Kropf und angesichts der schnellen Zugriffszeiten heute nicht mehr sinnvoll. Die langsamen Zugriffszeiten im KvK sind, jedenfalls im Normalgebrauch, vorbei. - Unter jedem Feld "nach oben" zu setzen, ist ähnlich kafkaesk und skurril. Leutz, was soll das bitte?

Aus der blaßblauen Folterwerkstatt für Augen kommen wir dann zu den gewohnten Länder- und Verbunddatenbanken, die bekanntlich ihre Eigenheiten haben.Für uns Antiquare am Ärgerlichsten ist der Verzicht des GBV auf eine vernünftige ISBD-Anzeige ohne Zwangsgliederung, die man direkt in unsere CSV-Listen eingeben konnte - bis das seit einigen Monaten nicht mehr möglich ist. Dies freut nur w+h. Aber lassen wir das...

In meinen Webseitenkritiken rede ich sehr direkt. Dahinter steht die Überzeugung, daß durch falsch gestaltete Webseiten mehr Menschen geschädigt, beeinträchtigt und verletzt werden, als durch manchen Verkehrsunfall.

Nachschrift: Der Verantwortliche für das Desaster, Uwe Dierolf, sandte mir eine freundliche Email, die ich im Sinne einer vernünftigen Webdiskretion nicht wörtlich zitieren möchte. Wohl aber fasse ich den Sinn zusammen (und mich an den Kopf):

1.
Das KIT - als federführendes Institut - hat diesen Webstil, und folglich muß der KVK dem Webstil des KIT angepaßt werden ( "neue Gestaltungsrichtlinien, an die wir uns zu halten haben")

2.
Über Geschmack läßt sich nicht streiten.

Gestatten Sie mir eine Übersetzung:

1.
Ich bin Bürokrat und Untergebener. Also f ü h r e i c h a u s, was mir angeschafft wird. Zu verantworten haben das die Chefs. Ich kann für nichts.

2.
Mosern Sie nicht herum, Mulzer. Es gibt viele Leute, die blaßgraue, halbverhehlte Schrift in überbreiten Zeilen wunderschön und praktisch finden.

Meine Überlegung dazu:
Karlsruhe war 150 Jahre lang als staubtrockene Bürokratenstadt verrufen, ein ganzes Land (Baden) hat darüber gelacht. Ich dachte eigentlich, damit sei es vorbei...

+++++++++++++++

Hier nun meine Antwort darauf, die ich im Wortlaut bringen kann:

Sehr geehrter Herr Dierolf,

ich habe mir erlaubt, Ihre rasche Antwort, für die ich danke, als Anhang an den kleinen Blogaufsatz anzufügen. Da ich Emails im Wortlaut grundsätzlich als vertraulich ansehe, geschah das nur sinngemäß.

Ansonsten kann ich Sie beruhigen: Mein Blog ist völlig unbekannt, wird kaum gelesen und dient mir eher als Freizeitvergnügen. Auch das Börsenblatt nimmt in der Regel keinerlei Notiz von mir.

Der Ton meines Beitrags resultiert aus persönlicher Betroffenheit. Sie haben - ich darf es drastisch sagen - mein tägliches Arbeitsinstrument ganz fürchterlich versaut. Dementsprechend reagiere ich.

Ansonsten grüße ich Sie freundlich

Peter Mulzer


Nachschrift: Ich lade die Karlsruher ein, in Sachen Lesbarkeit ihre weitaus bescheidenere, liebenswert "handgestrickte" Konkurrenz, Digibib, zu besuchen. Wenn KvK ihre graphischen Grausamkeiten nicht wieder zurücknimmt, werde ich mit Vergnügen zu Digibib abwandern. Das tut KvK nicht weh, versteht sich. Aber ein wenig nachdenklich machen sollte sie das schon, sollte es nicht?

Die Urheberrechte an dem Unfallfoto gehören autopixx.de. Das Bild wird auf einfache Aufforderung hin entfernt.

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